Iran

Wir haben 2016 den Iran besucht und vom 01. bis zum 13.10.16 das Land erkundet. Wir bereiten für euch hier alle Informationen rund um das Land und unseren Bildungsurlaub auf. Im Zuge der Iran Revolution, die seit September 2022 das Land einnimmt, ist es uns besonders wichtig, das Ganze reflektiert umzusetzen. Wir sind uns einig, dass der Iran weit mehr ist als das islamistische Regime – denn es gibt so viele tolle, offene Menschen, wunderschöne Landschaften und interessante Fakten rund um das Land und diese möchten wir euch gern zeigen.

Wir wollen hier nichts beschönigen, aber dennoch ehrlich von unseren Erfahrungen 2016 berichten. Auch werden wir die Proteste im Iran, die nach dem Tod Jina Aminis ausbrachen, intensiv thematisieren. Gerade aufgrund der Proteste ist es besonders wichtig, die Aufmerksamkeit auf den Iran zu richten und Sichtbarkeit zu schaffen.

Inhaltsverzeichnis

Politik

Das politische System

Das Rechtssystem

Das iranische Rechtssystem ist mit dem deutschen Rechtssystem kaum vergleichbar. Nach der Islamischen Revolution 1979 wurde das Rechtssystem des Iran grundlegend vom schiitischen Islam, der auch Staatsreligion ist, geprägt. So besteht das iranische Rechtssystem größtenteils aus Elementen des islamischen Rechts, das als Scharia bezeichnet wird. Bei der Scharia handelt es sich nicht um ein unveränderliches Rechtssystem, sondern eher um ein Regelwerk mit allen religiösen und rechtlichen Normen des Islam. Laut der Scharia ist der oberste Gesetzgeber der einzige Gott Allah.

CN: Folter, Misshandlungen, Vergewaltigungen, Hinrichtungen (u.a. von Kindern und queeren Menschen)

Viele Menschen und Organisationen kritisieren, dass die iranischen Gerichte teilweise nicht die internationalen Standards für faire Verfahren einhalten. In vielen Gefängnissen sind Folter, brutale Misshandlungen, Vergewaltigungen und sogar Massenhinrichtungen üblich. Das Evin-Gefängnis gilt als Foltergefängnis. Geständnisse werden hier oft unter Folter erzwungen und gelten dann als einziger Beweis.

Gemessen an der Bevölkerungszahl ist der Iran das Land mit den meisten Hinrichtungen weltweit. Als Hinrichtungsart ist das Hängen am üblichsten, die „Gründe“ für die Todesstrafe sind meist Drogenhandel, seltener auch Gotteslästerung oder Vergewaltigung. Grundsätzlich können Menschen aber für folgende Vergehen zum Tod verurteilt werden: Prostitution, Ehebruch, politische Vergehen, Gotteslästerung, „Verstöße gegen die Moral“ oder Apostasie (Abfall vom Islam).

Auch über Kinder und Jugendliche wird manchmal die Todesstrafe verhängt – obwohl der Iran den UN-Zivilpakt unterzeichnet hat, der das verbietet. Teilweise wird bis zu Volljährigkeit gewartet, um das Urteil zu vollstrecken. Im Iran sind Jungen bereits ab 15 Jahren und Mädchen sogar schon ab 9 Jahren volljährig und voll strafmündig. Seit der Islamischen Revolution wurden zudem über 4.000 homosexuelle Männer öffentlich hingerichtet.

Mehr zum Thema „Hinrichtungen im Iran“ findest du leider beim Punkt „Iran Revolution 2022/2023“ weiter unten auf dieser Seite.

Bevölkerung

Die iranische Bevölkerung

Das Bildungssystem

Das Bildungssystem im Iran ist zentralstaatlich organisiert. Es gibt die freiwillige Möglichkeit, für ein Jahr in die Vorschule zu gehen. Kinder ab 6 Jahren gehen für fünf Jahre in die Grundschule und für drei Jahre in die Sekundarschule, bis sie einen Mittelschulabschluss erreichen. Anschließend können sie ihre Ausbildung an einer allgemeinbildenden Oberschule fortsetzen oder sich für eine Berufsausbildung an einer beruflichen oder technischen Oberschule entscheiden.

Das Bildungsniveau im Iran hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert und die Quote der Analphabet*innen ist weiter gesunken. Von diesen Verbesserungen konnten vor allem Frauen profitieren. Während noch Anfang des 20. Jahrhunderts nur wenigen Mädchen der Schulbesuch möglich war, besuchen heute die meisten eine Schule und sogar eine Universität. Der Frauenanteil an Studierenden ist im internationalen Vergleich im Iran sehr hoch. Doch auch wenn die Noten der weiblichen Studierenden oft besser sind als die der männlichen, arbeiten nach dem Studium nur etwa ein Fünftel der akademisch gebildeten Frauen.

Der Iran verfügt über ein etabliertes, akademisches System mit ca. vier Millionen Studierenden. Es gibt neben den 63 staatlichen Hochschulen zum Beispiel die Islamische Azad-Universität, die die größte private Hochschule des Landes ist. Mit Standorten in ganz Europa und ca. anderthalb Millionen Studierenden gehört sie sogar zu den größten Universitäten weltweit. Um Studienplätze im Iran herrscht ein harter Wettbewerb, insbesondere bei den größeren iranischen Universitäten.

Frauenrechte

CN: Gewalt, Vergewaltigung, Mord

Die traditionelle, iranische Gesellschaft ist streng patriarchalisch. Durch die Scharia werden Frauen in fast allen Rechtsbereichen stark benachteiligt und erleben auf allen Ebenen Diskriminierung. Artikel 20 und 21 der Verfassung des Iran bestimmen, dass Männer und Frauen „unter Berücksichtigung islamischer Prinzipien“ gleichberechtigt sind.

Bis zur sogenannten Islamischen Revolution verbesserte sich aufgrund fortschreitender Modernisierung die Stellung der Frau: Das Wahlrecht für Frauen wurde eingeführt, Schwangerschaftsabbrüche erlaubt, das Scheidungsrecht reformiert und immer mehr Frauen fanden eine Beschäftigung außer Haus z.B. als Angestellte des Staates. Nach der Revolution wurden diese Reformen rückgängig gemacht.

Die Diskriminierung der Frauen im Iran ist vielfältig:

▶️ Frauen dürfen bestimmte Berufe nicht ausüben
▶️ Für Frauen herrscht eine strenge Kleiderordnung und eine Kopftuchpflicht, die von der Sittenpolizei kontrolliert und durchgesetzt wird
▶️ Die Aussage einer Frau zählt vor Gericht nur halb soviel wie die eines Mannes
▶️ Ehemänner haben das Recht auf die sexuelle Verfügbarkeit der Ehefrau, daher ist Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar
▶️ Das Scheidungsrecht ist eher ein einseitiges Recht des Mannes, Frauen können sich nur schwer scheiden lassen (körperliche oder sexualisierte Gewalt ist kein Scheidungsgrund)
▶️ Das gesetzliche Mindestheiratsalter liegt im Iran für Mädchen bei 13 Jahren
▶️ Ohne die Erlaubnis des Ehemanns dürfen Frauen keinen Reisepass besitzen
▶️ In Gefängnissen werden Frauen teilweise zu Zeitehen gezwungen, um ihre Vergewaltigungen legal zu machen. Gerade unverheiratete Frauen werden vor ihrer Hinrichtung mit regimetreuen Männern verheiratet und von ihnen vergewaltigt – denn nach islamischen Gesetz dürfen keine Jungfrauen hingerichtet werden, da diese sonst ins Paradies gelangen

Seit September 2022 können wir im Iran erneut eine Revolution beobachten. Diese geht besonders von Frauen aus, die gegen das iranische Regime protestieren und sich gegen die Kleiderordnung, die strukturelle Diskriminierung und die Gewalt zur Wehr setzen.

Queere Rechte

Contenwarnung: Queerfeindlichkeit, Gewalt, Folter, Mord – bitte lies diesen Beitrag nur, wenn du gerade damit umgehen kannst!

Homosexualität ist im Iran verboten. Laut des islamischen Rechtssystems, der Scharia, ist Homosexualität ein „todeswürdiges Verbrechen“, auf das im Iran öffentliche Peitschenhiebe und die Todesstrafe drohen. Das Land geht sehr repressiv gegen sexuelle Orientierungen abseits der Norm vor. Seit der sogenannten Islamischen Revolution 1979 wurden im Iran über 4.000 queere Menschen öffentlich hingerichtet.

Transgeschlechtlichkeit steht im Iran dagegen nicht unter Strafe. Trans Menschen können legal ein juristisches Ändern ihres Geschlechtseintrages vornehmen – allerdings nur unter der Bedingung, dass sie auch eine geschlechtsangleichende Operation an sich durchführen lassen. Diese werden zum Teil vom Staat bezahlt. Iran ist (nach Thailand) das Land auf der Welt, in dem die meisten geschlechtsangleichenden Operationen durchgeführt werden.

Dabei darf jedoch eins nicht vergessen werden: Für manche homosexuellen Menschen ist solch eine Operation die einzige Möglichkeit, um rechtliche wie gesellschaftliche Verfolgung zu vermeiden. Teilweise werden homosexuelle Menschen auch dazu gezwungen – denn wenn in einer Beziehung eine*r solch eine Operation hinter sich hat, ist die Heterosexualität vorgeblich wieder „gewahrt“ und beide Menschen bleiben straffrei.

Anfang September 2022 wurden zwei iranische LGBTQ+ Aktivistinnen zum Tod verurteilt, der angebliche Grund: Verdorbenheit auf Erden. Zahra Sedighi-Hamadani (31) (bekannt als Sareh) hat sich für die queere Community eingesetzt und auch mit ausländischen Fernsehteams über die Situation queerer Menschen im Iran und in Kurdistan gesprochen. Auch Elham Choubdar (24) setzte sich in den sozialen Medien für LGBTQ+ Rechte ein. Beide Personen wurden vom Staat als Kriminelle dargestellt, ihre Online-Inhalte sollen „für Homosexualität geworben“ haben.

Mehrdad Karimpour und Farid Mohammadi wurden am 30. Januar 2022 gehängt. Sie saßen sechs Jahre im Todestrakt im Maragheh-Gefängnis und wurden des „erzwungenen Geschlechtsverkehrs zwischen zwei Männern“ für schuldig befunden. Seht nicht weg! #SayTheirNames

Pressefreiheit im Iran

Die Islamische Republik Iran liegt auf der Rangliste der Pressefreiheit, die von „Reporter ohne Grenzen“ erstellt wird, auf einem der letzten Plätze: Platz 178 von 180. Nur in Eritrea und Nordkorea herrscht eine noch größere Gefahr für unabhängige Journalist*innen als im Iran. Iran gehört also – seit der sogenannten Islamischen Revolution von 1979 – zu den repressivsten Ländern weltweit für Journalist*innen.

Alle Medien im Iran unterliegen systematischer staatlicher Kontrolle und werden umfassend überwacht, kontrolliert und zensiert. Unabhängiger Journalismus ist daher kaum möglich. Unabhängige Journalist*innen oder welche, die sich kritisch gegenüber dem Regime äußern, werden verfolgt, willkürlich inhaftiert, zu langen Haftstrafen verurteilt oder hingerichtet. Dies betrifft nicht nur Journalist*innen im Iran, sondern auch kritische Medienschaffende im Exil, ihre im Iran lebenden Verwandten sowie ausländische Medien.

Das Internet und insbesondere die sozialen Medien sind in den letzten Jahren immer wichtiger geworden und wurden immer mehr für eine unabhängige Berichtserstattung genutzt – auch das natürlich nicht ohne drastische Konsequenzen von Seiten des Regimes. Teilweise wird einfach tagelang das Internet abgeschaltet. Während der Corona-Pandemie hat der Iran wie kaum ein anderes Land die Nachrichten zensiert.

Seit dem Anfang der Iran Revolution hat sich die Lage im Iran noch weiter zugespitzt. Journalist*innen werden vermehrt inhaftiert, meist in das Evin-Gefängnis, und das ohne konkrete Tatvorwürfe. Das Regime versucht mit diesen Verhaftungen, die Journalist*innen davon abzuhalten, ihrer Arbeit nachzugehen und so die Öffentlichkeit über die Zustände im Iran aufzuklären.

Hier findest du unser IG-Live, in dem wir mit dem iranischen Journalisten Omid Razaee über Pressefreiheit im Iran sprechen.

Nomadenstämme

Im Iran gibt es auch heute noch verschiedene Nomadenstämme, die bereits eine lange Tradition haben. Damals gab es mehrere umherziehende Völker, die durch die gesamte Region Persiens gewandert sind.

So gibt es beispielsweise die Bakhtiari, die sich in Haft Land und Tschar Land unterteilen, im Iran leben und von denen ein kleiner Teil immer noch als Nomad*innen lebt. Ebenfalls gibt es unter den turkmenischen Stämmen besonders in den nordöstlichen Provinzen des Iran noch Nomad*innen.

Während unseres Bildungsurlaubs im Oktober 2016 haben wir das Volk der Kaschgai (auch Qaschqai) besucht. Bei ihnen handelt es sich um ein turksprachiges Volk, das sich vor allem im Südwesten des Irans in der Provinz Fars befindet. Die Kaschgai sind die Nachkommen turkmenischer Nomad*innen und kamen damals von Zentralasien nach Persien. Sie sprechen Kaschgaisch, was nah verwandt mit der Südaserbaidschanischen Sprache ist.

Laut einer Volkszählung von 2015 gibt es zwischen 1,6 und 2,5 Millionen Kaschgai – von denen jedoch nur noch eine Minderheit eine nomadische Lebensweise führt. Im Sommer leben die Kaschgai mit ihren Herden im Zagros-Gebirge, dem größten Gebirge des Iran. In den Wintermonaten leben die Kaschgai im südlichen Teil der Provinz Fars. Die Fotos zeigen Eindrücke von unserem Besuch bei den Kaschgai 2016. Die Teppichproduktion hat für sie eine hohe Bedeutung – wie du auch den Bildern entnehmen kannst.

Iranische Literatur und Lyrik

Der Iran hat auch literarisch viel zu bieten. So gibt es beispielsweise Hafis – einen der bekanntesten persischen Dichter. Hafis bzw. Hāfez heißt ursprünglich Mohammed Schemseddin. Er konnte jedoch bereits als Kind den gesamten Koran auswendig und hat daher den Ehrennamen „Hafis“ (jener, der den Koran auswendig kann) bekommen.

Das bekannteste Werk Hafis‘ ist der Dīwān. Es wurde erst nach seinem Tod zusammen gestellt, verbreitet und enthält mehrere hundert sogenannte Ghasele – ein Ghasel ist eine bestimmte lyrische Gedichtsform. Vielleicht hast du bereits von dem Werk „West-östlicher Divan“ von Johann Wolfgang von Goethe gehört, welches 1819 erschien. Es ist die umfangreichste Gedichtsammlung von Goethe und wurde durch die Werke Hafis inspiriert.

Religionen

Religionen im Iran

Das Ashura-Fest

Das Ashura-Fest findet am zehnten Tag des Trauermonats Muharram, der erste Monat im islamischen Kalender, statt. Der Tag ist für viele Muslim*innen auf der ganzen Welt sehr bedeutsam. Dabei ist es je nach islamischer Glaubensausrichtung ganz unterschiedlich, wie die Feierlichkeiten aussehen und mit welchen Traditionen sie begangen werden.

Gedacht wird an dem Tag dem dritten Imam Husain Ali. Er war der Enkel des Propheten Mohammed und starb als Märtyrer in der Schlacht von Kerbela 680. Seine Ermordung stellt in der Geschichte des Islams ein besonderes Ereignis dar. Die Menschen gedenken diesem Ereignis auf verschiedenen Weise.

Im Schiitentum stellt das Ashura-Fest den Abschluss zehntägiger Buß- und Trauerrituale dar. Bei den Trauerriten geht es um Erzählungen und die kultische Inszenierung des Martyriums Husseins. Die Gläubigen empfinden das Leid Husseins nach – und geißeln und verletzen sich dafür teilweise selbst.

Auch für Sunnit*innen ist der Tag des Ashura-Fests ein wichtiger Gedenktag. An dem Tag soll Mohammed gefastet, die Sintflut geendet und der Prophet Noah mit seiner Arche auf dem Berg Cudi (heutige Türkei) gestrandet sein. Manche sunnitischen Muslim*innen fasten daher zu Ashura und verzehren anschließend die Ashura-Süßspeise, die aus Hülsenfrüchten und Trockenobst besteht.

Die Kleiderordnung im Iran

Wusstest du, dass es im Iran einmal ein Kopftuchverbot gab?

1️⃣ Der Schah Reza Pahlevi verbot 1936 das Kopftuch im Iran, da es für ihn ein Symbol war, das der Modernisierung widerspreche. Für viele Iraner*innen war das ein Angriff auf ihre Werte.

2️⃣ Im 1979 sagte Ayatollah Chomeini, Frauen (und Mädchen ab 9 Jahren) müssten nun ein Kopftuch tragen. Seit 1981 wird dies durch Revolutionswächter und die Sittenpolizei in der Öffentlichkeit durchgesetzt.

3️⃣ Ein Hijab oder Hidschab ist die bekannteste Form der Verhüllung der Frau durch ein Kopftuch. Bei einem Hijab handelt es sich um ein speziell geschneidertes, kapuzenartiges Kopftuch, das die Haare (und teilweise auch den Hals-, Schulter- und Brustbereich) bedeckt und das Gesicht freilässt.

4️⃣ Im Iran müssen Frauen im öffentlichen Raum ihre Haare mit einem Kopftuch bedecken, mindestens dreiviertel lange Ärmel und knöchellange Hosen oder Röcke tragen und das Gesäß bedecken. Dies gilt auch im eigenen Haus, wenn Personen, die nicht zur Familie gehören, anwesend sind.

5️⃣ Angeblich haben sich in den letzten Jahren die strengen Kleidervorschriften in den iranischen Großstädten gelockert. Wie wir jedoch aktuell anhand des Tods der Kurdin Jina Mahsa Amini sehen können, kontrolliert die Sittenpolizei die Kleiderordnungen immer noch sehr streng und Frauen ohne Kopftuch müssen mit brutalen Konsequenzen rechnen.

Diese Kleidervorschriften sind aus dem Koran abgeleitet, aber werden anders angewendet. Letztendlich dienen sie dazu, dass Frauen mit ihren Haaren und ihren Körpern nicht Männer verführen und ablenken. Für Männer gibt es kaum Kleidervorschriften. Sie dürfen nur in der Öffentlichkeit keine kurzen Hosen tragen. Die Kleidervorschriften gelten nicht nur für Iraner*innen, sondern auch für Tourist*innen. So müssen Frauen bei Ankunft im Iran ab Verlassen des Flugzeugs auch ein Kopftuch tragen. Dies ist an allen öffentlichen Räumen Pflicht, somit zum Beispiel auch im Speisesaal des Hotels. An manchen religiösen Stätten herrscht zudem die Pflicht, einen traditionellen Tschador zu tragen. Wenn dies der Fall ist, wird der Tschador vor Ort ausgeteilt.

Geschichte

Die Entwicklung der Islamischen Republik

Die Geschichte des Irans umfasst weit mehr als nur die Entwicklungen auf dem heutigen Gebiet der Islamischen Republik und bezieht sich auch auf die historischen iranischen Reiche, die teilweise unter dem Namen Persien bekannt waren. Die persische Eigenbezeichnung „Iran“ wurde erst 1935 für international verbindlich erklärt.

Auf dem heutigen Gebiet des Iran gab es bereits während der Jungsteinzeit Menschen, die im 4. Jahrtausend v. Chr. Ackerbau betrieben und kleine Siedlungen bauten. Erst errichteten die Meder ein Reich, das 550 v. Chr. vom Perserkönig Kyros gestürzt wurde, woraufhin er das erste persische Großreich errichtete, bis es durch Alexander den Großen beendet wurde. Nach unzähligen weiteren Machtwechseln eroberten 642 die Araber das Reich und verbreiteten den Islam.

Bis 1722 herrschten die Safawiden, die den schiitischen Islam als Staatsreligion festlegten. Daraufhin wurde das Land durch die Afghanen aufgeteilt und durch die Kadscharen 1794 wieder vereint. Seitdem ist Teheran die Hauptstadt und Georgien, das bis dahin zum Iran gehörte, wurde an Russland angegliedert.

Ab 1925 herrschte Reza Schah Pahlavi, der sechzehn Jahre später von seinem Sohn Mohammad Reza Schah abgelöst wurde. Letzterer war als Schah von Persien bekannt und wurde aufgrund seiner westlichen Orientierung von Amerika und anderen westlichen Staaten unterstützt.

Revolutionen im Iran

Die Geschichte des Iran ist geprägt von Demonstrationen und Revolutionen. Für die Entwicklung des Landes war die sogenannte Islamische Revolution in den 1970er-Jahren von besonderer Bedeutung. Die Islamische Revolution, die auch als Iranische Revolution bezeichnet wird, war eine vielschichtige Bewegung, die unter anderem 1979 zum Ende der Monarchie im Iran und zur Absetzung von Schah Mohammad Reza Pahlavi geführt hat.

Bereits im Juni 1963 gab es erste Demonstrationen gegen den Schah, mit denen das Reformprogramm der sogenannten Weißen Revolution verhindert werden sollte. Bei der Weißen Revolution ging es um ein Reformprogramm mit sechs Punkten (unter anderem die Einführung des Frauenwahlrechts), das den Iran modernisieren und die soziale Situation verbessern sollte.

1977 lebten die Demonstrationen wieder auf, die Wirtschaft des Landes wurde still gelegt und der Schah verließ das Land. Anfang 1979 kehrte Ajatollah Ruhollah Chomeini, der ins Ausland abgeschoben wurde, aus seinem französischen Exil zurück – er wurde Symbolfigur, Revolutionsführer und später neues Staatsoberhaupt. Nachdem schahtreue Teile der Armee in Straßenkämpfen angegriffen wurden, brach die konstitutionelle Monarchie im Februar vollends zusammen. Am 01. April 1979 wurde als Ergebnis eines Referendums die Monarchie durch die neue Staatsform der Islamischen Republik abgelöst.

Eigentlich wird die Revolution zu Unrecht als islamisch bezeichnet, da auch säkulare Nationalist*innen, linke Organisationen und religiöse Kräfte aktiv waren, die keinen islamischen Staat anstrebten. Auch wirkt das „islamisch“ als hätte Chomeinis Sieg von Anfang an festgestanden. Dabei stand auch nach dem Sturz des Schahs sein Sieg noch nicht fest. Es dauerte weitere vier Jahre bis er seine Macht endgültig festigen konnte, was unter anderem an den Umständen des Irak-Krieges lag.

Die Islamische Revolution ist keineswegs die einzige Revolution im Iran, die weitreichende Veränderungen mit sich gebracht hat. Wie kraftvoll Protestbewegungen sein können, zeigen die Proteste ab September 2022, die nach dem Tod von Jina Amini ausbrachen und sich ebenfalls zu einer Revolution entwickeln.

Das Persische Reich

Persepolis und Necropolis

Persepolis ist eine altpersische Stadt, die damals eine der Hauptstädte des antiken Perserreichs unter den Achämeniden war. Der griechische Name „Persepolis“ lässt sich mit „Stadt der Perser“ übersetzen. Persepolis wurde 520 v. Chr. gegründet und war eine Residenzstadt der Achämeniden. Am Fuß des sogenannten Kuh-e Mehr-Berges wurde eine 15 Hektar große Terrasse angelegt sowie zahlreiche Gebäude und Paläste erbaut.

Errichtet wurde Persepolis unter dem Herrscher Dareios I. und seinen Nachfolgern Xerxes, Artaxerxes I. und Artaxerxes II.. 330 Jahre v. Chr. wurde Persepolis von Alexander dem Großen zerstört, konnte aber teilweise wieder aufgebaut werden. Bei der Zerstörung wurden auch die Bewässerungsanlagen der Stadt zerstört, weshalb die Gebäude vom Wüstensand bedeckt und dadurch konserviert werden konnten. Heute zählen sie zum UNESCO-Welterbe.

Necropolis bzw. Naqsch-e Rostam ist eine archäologische Stätte, die sich nur etwa sechs Kilometer nördlich von Persepolis befindet. In Naqsch-e Rostam befinden sich vier Felsengräber von achämenidischen Großkönigen sowie mehrere sassanidische Felsreliefs.

An einer steilen Felswand hat sich zunächst der persische König Dareios I. ein Felsgrab in den Stein meißeln lassen. Die Nachfolger Xerxes I., Artaxerxes I. und Dareios II. kopierten dies und ließen sich ähnliche Grabmäler mit verschieden vielen Grabkammern und Sarkophagen errichten.

Wirtschaft

Die iranische Wirtschaft

Sanktionen und die Ölpreiskrise

Ende 2022 beschließt die EU immer wieder Sanktionen gegen den Iran. Bestimmte Personen und Organisationen wurden in die Liste aufgenommen und unterliegen nun restriktiven Maßnahmen. Grund dafür ist die Menschenrechtslage im Iran und die gewaltsamen Reaktionen auf die Demonstrant*innen. Insgesamt umfasst die erwähnte Liste im Rahmen der bestehenden Sanktionsregelung für den Iran im Bereich der Menschenrechte nun 126 Personen und 11 Organisationen.

Auch in der Vergangenheit wurden bereits Sanktionen gegen den Iran verhängt. In der internationalen Kritik stand damals besonders das iranische Atomprogramm. Mehrfach wurden völkerrechtlich verbindliche Sanktionen verabschiedet: Es wurden Reiseverbote gegen den Iran verhängt, Geldtransfers in und aus dem Iran schwierig bis unmöglich gemacht und mehrere Institutionen, Regierungsstellen und Einzelpersonen auf die Sanktionslisten der Vereinten Nationen, Vereinigten Staaten, Kanada und der EU gesetzt, für die ein totales Handels- und Reiseverbot besteht.

Ein ebenfalls einschneidender Faktor in der Entwicklung der iranischen Wirtschaft ist die sogenannte Ölpreiskrise von 1973. Erdöl war ein elementarer Bestandteil der US-amerikanischen Wirtschaft – um amerikanisches Öl wettbewerbsfähiger zu machen, verhängte die US-Regierung Preise auf ausländisches Öl. Die eigene Ölproduktion ging mit der Zeit zurück und die inländische Nachfrage konnte nicht bedient werden. Da sich das Ausland zunehmend für das Erdölvorkommen des Nahen Ostens interessierte, wurde 1968 die OAPEC gegründet, die Organisation der arabischen erdölexportierenden Länder, in der auch der Iran war.

Ausgelöst wurde die erste und folgenschwere Ölpreiskrise durch den Jom-Kippur-Krieg 1973. Die OAPEC drosselte ihre Fördermengen, um die westlichen Länder bezüglich ihrer Unterstützung Israels unter Druck zu setzen. Im Oktober stieg der Ölpreis erst um etwa 70 Prozent von 3 auf 5 US-Dollar/Barrel, im nächsten Jahr stieg er weltweit auf 12 US-Dollar. 1979 fand eine erneute Ölpreiskrise statt, die unter anderem durch die Verunsicherung nach der Islamischen Revolution und den Angriff des Iraks auf den Iran ausgelöst wurde. Der Ölpreis stieg zeitweise auf 38 US-Dollar.

Geographie

Naturphänomene

Der Iran besticht landschaftlich durch seine geographische Lage und die vielen verschiedenen Vegetationszonen. Hier erfährst du mehr über bestimmte Naturphänomene des Landes, die häufig auch Auswirkungen der Industrialisierung und der Klimakrise sind.

Irans Tierwelt

Die Tierwelt im Iran ist sehr vielfältig. Durch die geographische Lage, die klimatischen Bedingungen und die verschiedenen Vegetationszonen ist das Land auch heute noch sehr artenreich. Früher gab es jedoch einige Tiere, die inzwischen im Land ausgerottet sind, wie der persische Löwe (in den 1940ern) oder der kaspische Tiger (in den 1970ern). Auch Geparden und Braunbären sollen nur noch in den entlegensten Gegenden zu finden seien.

Der Iran beheimatet zahlreiche Steppen- und (Halb)Wüstenbewohnende wie Gazellen, Hirsche, Wildesel, -schafe und -ziegen und verschiedene Nagetiere. Zudem gibt es neben Schakalen, Hyänen, Füchsen und Wölfen eine (sinkende) Anzahl an Raubkatzen wie Leoparde und Luchse. Nah am Urmiasee findet sich zudem der Mesopotamische Damhirsch – dieser war bereits in freier Wildbahn ausgestorben und wurde dort extra angesiedelt.

Im Iran gibt es besonders an der Küste des kaspischen Meeres eine hohe Vielfalt an Vogelarten. Insgesamt gibt es mehr als 500 Vogelarten, von Fasanen und Steppenhühnern im Landesinneren bis zu Steinadlern, Falken und verschiedenen Geierarten. Von den unterschiedlichen Tierarten, die den Iran besiedeln, sind einige endemisch (z.B. der Pleskehäher), das heißt sie sind nur in einem begrenzten Gebiet verbreitet.

Das kaspische Meer enthält außergewöhnlich große Mengen an Stören. Diese werden für die Gewinnung von Kaviar besonders viel gefischt. Im Iran hat die Fischerei, gerade an der Küste des Kaspischen Meeres, eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. Jedoch zeigen sich im schrumpfenden Fischbestand auch die Auswirkungen von Meeresverschmutzung, Ölbohrungen und Staudammbauten. Inzwischen gibt es im Iran einige Wasserschutz- und Naturschutzgebiete.

Verwaltungsgliederung

Der Iran zählt mit etwa 85 Millionen Einwohner*innen und einer Fläche von ca. 1.648.000 km² zu den zwanzig größten und bevölkerungsreichsten Staaten der Erde. Auf Verwaltungsebene ist der Iran in vier Unterebenen gegliedert. Es gibt die Provinzen, von denen es insgesamt 31 gibt und die Ostans genannt werden.

Früher gab es nur 30 Provinzen. Erst im Jahr 2010 wurde die Provinz Alborz gegründet – dafür wurde ein Teil der Provinz Teheran abgetrennt. Jeder Provinzverwaltung steht ein Gouverneur, der Ostandar genannt wird, vor. Die Provinzen gliedern sich in Verwaltungsbezirke, welche als Schahrestan bezeichnet werden und von denen es ca. 336 im Iran gibt.

Die Verwaltungsbezirke lasen sich in ca. 889 Landkreise (sogenannte Baschs) aufteilen, welche wiederum in Städte und (ländliche) Gemeinden unterteilt sind. Laut den letzten Angaben (die leider von 2006 sind) gibt es im Iran ungefähr 1.1016 Städte (Schahr), 2.400 Gemeinden (Dehestan) und 62.000 Dörfer.

Hier findest du die 31 Provinzen des Iran:

1.Teheran17.Kohgiluye und Boyer-Ahmad
2.Ghom18.Buschehr
3.Markazi19.Fars
4.Qazvin20.Hormozgan
5.Gilan21.Sistan und Belutschistan
6.Ardabil22.Kerman
7.Zandschan23.Yazd
8.Ost-Aserbaidschan24.Isfahan
9.West-Aserbaidschan25.Semnan
10.Kurdistan26.Mazandaran
11.Hamadan27.Golestan
12.Kermanschah28.Nord-Chorasan
13.Ilam29.Razavi-Chorasan
14.Luristan30.Süd-Chorasan
15.Chuzestan31.Alborz
16.Tschahār Mahāl und Bachtiyāri

Kurdistan

Oft ist die Rede von der kurdischen Bevölkerung und kurdischen Gebieten. Doch was genau und vor allem wo ist Kurdistan überhaupt? Hier sind für dich fünf wichtige Fakten, mit denen du mehr über Kurdistan erfährst. Die Kurd*innen haben nämlich auch in der Iran Revolution eine ganz entscheidende Rolle.

Belutschistan

1. Belutschistan ist eine Region, die sich über den Osten Irans, den Süden Afghanistans und den Südwesten Pakistans erstreckt und etwa 690.000 km² groß ist.

2. Der iranische Teil der Region findet sich in Sistan und Belutschistan, eine der 31 Provinzen des Iran, wieder. Belutsch*innen sprechen Belutschisch, teilweise werden auch andere Dialekte oder Sprachen gesprochen, wie Brahui oder Sistani.

3. Der pakistanische Teil der Region findet sich in der Provinz Belutschistan wieder. Diese ist von der Fläche fast genauso groß wie Deutschland – gehört jedoch zu der am geringsten besiedelten Provinz Pakistans, da große Teile aus Wüste bestehen.

4. Belutsch*innen geben meist zuerst ihre Ethnie an und bezeichnen sich erst danach als Muslim*innen (überwiegend Sunnit*innen) und zuletzt als z.B. Iraner*innen, Afghaner*innen oder Pakistaner*innen.

5. Seit den 1940er Jahren herrscht ein bewaffneter Konflikt (von geringer Intensität) zwischen Pakistan und Iran auf der einen und dem Volk der Belutsch*innen auf der anderen Seite. Bei dem Konflikt geht es um mehr Autonomie und Selbstbestimmung für die Belutsch*innen sowie die Beteiligung an den wirtschaftlichen Gewinnen durch den Rohstoffreichtum ihrer Region.

Iran Revolution 2022/2023

Die Revolutionsgarde

Auslöser der Proteste

Was war der Auslöser für die Proteste im Iran?

Am 13. September 2022 wurde die 22-jährige Kurdin Jina Mahsa Amini, die mit ihrer Familie zu Besuch in Teheran war, von der iranischen Sittenpolizei angehalten. Die Sittenpolizei überwacht im Iran die Einhaltung der strengen Kleiderordnung. Jina Amini wurde in Anwesenheit ihres Bruders in Gewahrsam genommen, da sie ihr Kopftuch nicht richtig getragen haben soll und Haare zu sehen gewesen seien – darauf sollte für Amini eine staatliche Umerziehungsmaßnahme folgen. Aber drei Tage später ist sie tot.

Was wurde Jina Amini angetan?

Jina Amini wurde bewusstlos in ein Krankenhaus eingeliefert. Ihrer Familie wurde berichtet, dass sie einen Schlaganfall auf der Wache gehabt hätte. Doch es gibt Fotos aus dem Krankenhaus, die die Frau mit schweren Verletzungen und Verbänden um den Kopf auf der Intensivstation zeigen. Alles deutet daraufhin, dass Jina misshandelt wurde, vermutlich von der Sittenpolizei. An den Verletzungen starb sie nur drei Tage später.

Was passierte nach ihrem Tod?

Ab dem 16.09.22. entwickelten sich erst in kurdischen Städten, dann in der Hauptstadt Teheran und schließlich im ganzen Land Proteste. Tausende Menschen gingen und gehen immer noch auf die Straße und rufen mit dem Spruch „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frauen, Leben, Freiheit) zum Protestieren gegen das islamistische Regime auf. Das besonders Kraftvolle an der Bewegung ist, dass sie vor allem von Mädchen und Frauen ausgeht, viele schneiden sich ihre Haare ab und verbrennen ihre Kopftücher. Dafür riskieren sie täglich ihr Leben. Das Regime greift hart durch, schlägt die Proteste nieder, verhaftet, verletzt und ermordet die Protestierenden. Auch der Internetzugang wird erschwert bzw. soziale Plattformen sind teilweise komplett gesperrt.

Hier findest du unser Instagram-Live mit der iranischen Aktivistin Daniela Sepehri, in dem wir über die Geschehnisse und die Revolution im Iran sprechen.

Die EU-Terrorlistung

Immer wieder wird darüber gesprochen, ob die Revolutionsgarde der Islamischen Republik auf die Terrorliste der EU aufgenommen werden sollte. Doch was genau ist die Terrorliste eigentlich, wie wird eine Gruppierung aufgenommen und was bedeutet das dann genau?

Sanktionen gegen den Iran


Warst du schon einmal im Iran? Welches Thema interessiert dich ganz besonders, wenn es um das Land im Mittleren Osten geht? Was wünschst du dir für die Zukunft des Iran?

Schreib es uns in die Kommentare!

Und folge uns gerne bei Instagram, dort findest du zusätzlich noch viele spannende Informationen über unseren Bildungsurlaub und über die aktuelle Iran-Revolution! Auch sind dort unsere Instagram-Lives gespeichert, in denen wir mit Expert*innen über die Lage im Iran sprechen.