Bildungsurlaub Albanien

Bildungsurlaub Albanien

Am 03. September 2022 ging es los und am 11. September sind wir wieder in Hamburg gelandet. Dazwischen stand eine ganze Woche voller aufregender Erkundungen, spannenden Gesprächen und jeder Menge politischer Bildung!

In Albanien haben wir Altstadt-Rundgänge und geführte Stadtspaziergänge gemacht, die verschiedensten Museen besucht, Städte, die zum UNESCO-Welterbe zählen, erkundet, eine Seilbahnfahrt gemacht, uns in der Deutschen Botschaft informiert, den wunderschönen Ohridsee bestaunt, eine Festung besichtigt, verschiedene NGOs und Projekte besucht, zwei archäologische Parks kennengelernt, albanisches Olivenöl verkostet, eine aromunische Kirche und das Weltzentrum der Bektaschi besichtigt, der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Goethezentrum in Tirana einen Besuch abgestattet und Gespräche bei der Deutschen Industrie- und Handelsvereinigung geführt.

Zusammen gefasst lässt sich sagen: Das Land ist auf jeden Fall eine Reise wert. Die Geschichte ist super spannend, wenn auch teilweise erschreckend. Das Essen ist richtig lecker, die Leute sehr nett und aufgeschlossen, die Natur ist atemberaubend, es gibt viele interessante Museen und alles gibt’s zu einem erschwinglichen Preis.

12 Fakten über Albanien

  1. Albanien ist 28.748 km² groß. Mehr als die Hälfte des Landes wird von hohem Bergland eingenommen.
  2. Albanien ist laut Verfassung eine laizistische Republik, also Staat und Religion sind strikt getrennt. Ca. 57 % der Bevölkerung sind muslimisch, 17 % christlich.
  3. Albanien hat schätzungsweise 2,8 Millionen Einwohnende (ähnlich wie z.B. Schleswig-Holstein). Im 20. Jahrhundert stieg die Bevölkerungszahl stark an, aktuell ist sie rückläufig.
  4. Albanier*innen sind mit ca. 83 % die größte Volksgruppe Albaniens. Die größte Minderheit stellen Griech*innen dar, zudem sind in der Bevölkerung Rom*nja, Aromun*innen und Mazedonier*innen vertreten.
  5. Albanien ist eine demokratisch verfasste parlamentarische Republik. Seit dem 24. Juli 2022 ist Bajram Begaj Staatspräsident.
  6. Das albanische Parlament Kuvendi i Shqipërisë besteht aus 140 Abgeordneten, die alle vier Jahre gewählt werden.
  7. In Albanien gibt es zwei große Parteien: Die Demokratische Partei Albaniens (PD) und die Sozialistische Partei Albaniens (PS).
  8. Die derzeit gültige Verfassung gibt es seit November 1998 und wurde durch eine Volksabstimmung angenommen.
  9. Albanien gliedert sich in 12 Qarqe, die sich wiederum in 61 einzelne Gemeinden unterteilen.
  10. Die Außenpolitik Albaniens hat sich nach dem Sturz der kommunistischen Diktatur 1990/1991 stark verändert.
  11. Seit Juni 2014 ist Albanien offizieller Beitrittskandidat der Europäischen Union.
  12. Albanien hat immer noch mit größeren strukturellen Problem zu kämpfen, allen voran Armut, einer schwachen Infrastruktur, Korruption und Vetternwirtschaft sowie sozialen Problemen.

Die Geschichte Albaniens

Kommunistische Diktatur

Die Sozialistische Volksrepublik Albanien war ein diktatorischer Staat, der von 1944 bis 1990 existierte. Auf unserem Bildungsurlaub haben wir uns ausführlich mit der Geschichte beschäftigt, die heute noch im ganzen Land sichtbar ist.

  1. Enver Hoxha war von 1944 bis 1985 Generalsekretär des Zentralkomitees der Partei der Arbeit Albaniens und diktatorischer Herrscher. Es gab einen riesigen Personenkult, welcher nach seinem Tod bis zum Ende der Diktatur fortgesetzt wurde.
  2. Hoxha bildete die albanische Geheimpolizei Sigurimi (Sicherheit) als sein schlagkräftigstes Machtinstrument, die im Laufe der nächsten 40 Jahre Schätzungen nach 6.000 Menschen hingerichtet und 17.000 inhaftiert hat. Eines der ehemaligen Internierungslager ist in Tepelena, was wir auf unserem Bildungsurlaub besucht haben.
  3. 1967 wurde Albanien zum ersten offiziell atheistischen Staat erklärt und jegliche Religionsausübung verboten. Kirchen und Moscheen wurden in Lagerhäuser, Kinos, Sporthallen usw. umgewandelt. Viele Geistliche wurde vor 1967 exekutiert oder eingesperrt, die übrigen ab 1967.
  4. Hoxha brach nach Jahren der Kooperation 1978 auch mit seinem letzten Verbündeten China und es folgten Jahre der Isolation. Die ideologische Ausrichtung der Kommunisten auf Autarkie veranlasste Hoxha, zur Verteidigung vor einer Invasion etwa 750.000 Bunker bauen zu lassen.
  5. Trotz der Isolation erfuhr die Bevölkerung von den politischen Veränderungen 1989/90 in der Welt, was sie ermutigte gegen die Diktatur aufzustehen. Im Januar 1990 gab es in Shkodra erste Demonstrationen und im Juli 1990 flohen tausende Albaner*innen in westliche Botschaften – allein 3.200 in die deutsche. Das war der Beginn des Endes der Diktatur.

Skanderbeg

Skanderbeg gilt in Albanien als Nationalheld. Das liegt daran, dass er damals die mächtige Armee der Osmanen für 25 Jahre abwehren konnte – und das trotz seiner eher kleinen Armee.

Weißt du, wer Skanderbeg war?

Während unseres Bildungsurlaubs haben wir uns viel mit Skanderbeg und der Geschichte Albaniens auseinandergesetzt. Wir haben die Stadt Shkodra besucht und uns dort die Festung angesehen, die unter Skanderbegs Führung jahrelang den Osmanen trotzen konnte. Und wir waren in Kruja, dem Geburtsort Skanderbegs und gleichzeitig dem damaligen Adelssitz seiner Familie und die Zentrale im Kampf gegen die Osmanen. Wir waren auch in der Burg, in der mittlerweile ein Museum über Skanderbeg ist.

Skanderbeg starb an Malaria – und kurze Zeit später fielen die Osmanen ein und besetzten das Gebiet. Für mehr als 400 Jahre stand Albanien dann unter osmanischer Herrschaft.

Was wir beobachtet haben: In Albanien ist Skanderbeg so beliebt und wird als Nationalheld verehrt, sodass viele Menschen sich sein Gesicht tätowieren lassen.

Kanun

Beim Kanun handelt es sich um ein mittelalterliches Gewohnheitsrecht, das vor allem für die Gegen eine Rolle spielt. Die Gegen sind Bewohner*innen der nordalbanischen Berge, die damals so von der Außenwelt abgeschottet waren, dass sich ein aus dem Mittelalter (oder sogar der vorrömischen Zeit) stammendes Gewohnheitsrecht bis in die Neuzeit erhalten konnte. Bei diesem Gewohnheitsrecht, dem Kanun, handelt es sich um den Kanun des Lekë Dukagjini.

Doch warum geht es bei diesem Gewohnheitsrecht genau? Der Kanun regelt das Leben in einer Großfamilie mit männlichem Oberhaupt, wie sie beispielsweise zu Skanderbegs Zeiten übliche waren. Dabei wird sich inhaltlich u.a. mit dem Schuldrecht, Ehe- und Erbrecht, Strafrecht und vor allem der Ehrverletzung beschäftigt. Frauen spielen im Kanun eine marginale Rolle – sie werden fast ausschließlich als Mütter gesehen. Da der Kanun bis heute in Teilen Albaniens als Gesetz anerkannt wird, kommt es häufig zu Konflikten mit den modernen Gesetzen.

Hast du gewusst, was sich hinter dem Wort „Kanun“ verbirgt?

Warum kommt es zu den Konflikten? Im Kanun gibt es die Blutrache. Diese besagt, dass eine schwere Ehrverletzung einer Familie durch Tötung der männlichen, erwachsenen Personen der Täterfamilie „gerächt“ werden darf bzw. muss. Da die Blutrache auch über Jahrzehnte ausgeführt werden kann, sind auch Söhne, die nach der Tat geboren wurden oder volljährig werden in Gefahr. Daher gibt es eine Vielzahl an Menschen, die sich innerhalb Albaniens oder auch im Ausland verstecken. Die Familien können sich laut Kanun auch versöhnen, womit die Blutrache erlischt. Hierzu gab es schon diverse Mediationen durch ausstehenden und Projekte im Land, doch bisher nur mit mäßigem Erfolg.

Ein weitere Aspekt sind die „eingeschworenen Jungfrauen“. Diese sogenannten Schwurjungfrauen werden im Falle des Ablebens aller erwachsenen, männlichen Personen das Oberhaupt dieser Familie. Hierfür versprechen sie, niemals eine sexuelle Beziehung einzugehen und ihr Leben wie das eines Mannes zu führen. Im Gegenzug bekommen sie die Anerkennung als Familienoberhaupt mit allen Rechten – abgesehen vom Stimmrecht.

Bevölkerung

Religion

Bildungssystem

📚 Das Bildungssystem in Albanien befindet sich immer noch in einer Entwicklung und unterlag in den letzten Jahrzehnten verschiedenen Reformen. Das öffentliche Schulsystem schneidet im europäischen Vergleich eher schlecht ab. Meist fehlt es der Regierung an Geld, um genügend Lehrkräfte richtig auszubilden und die Schulen angemessen auszustatten. Während die Vorschule freiwillig ist, herrscht für Kinder im Alter von 6 bis 16 Jahren eine Schulpflicht. Die anschließende Mittelschule, die die Schüler*innen oft schon auf spezifische Berufsfelder vorbereitet, ist ebenfalls freiwillig.

💡 Schon gewusst? Das Notensystem in Albanien ist ganz anders als in Deutschland. Es gibt dort Noten von 4 bis 10, wobei 10 die beste zu erreichende Note ist. Alle Schüler*innen, die mit der Note 6 oder schlechter bewertet werden, fallen durch.

🏛 In Albanien gibt es insgesamt 15 öffentliche Hochschulen und 26 private Hochschulinstitutionen. Da jeweils eine Universität auf einen Fachbereich spezialisiert ist, gibt es meist nur eine Universität, die das Fach anbietet, was man studieren möchte. Die Plätze werden dabei nach den besten Schulnoten vergeben – doch da Lehrer*innen teilweise auch bestochen werden, ist das System eher unfair. Vermögende Eltern versuchen oft ihre Kinder an einer privaten Einrichtung im Land studieren zu lassen oder ihnen direkt eine Ausbildung im Ausland zu ermöglichen. Das führt dazu, dass viele junge Menschen im studierfähigen Alter das Land verlassen.

📈 Auch wenn vieles im Bildungssystem noch ausbaufähig ist, hat sich in den letzten Jahren bereits einiges getan. Besonders seit 2008 hat das Bildungssystem einige Umstrukturierungen erlebt, beispielsweise:

▶️ das Erhöhen der Einschulungsrate
▶️ das Erweitern der Schulpflicht von acht auf neun Jahre
▶️ das Erhöhen der Anzahl der Studierenden
▶️ die Liberalisierung des Hochschulsystems
▶️ das Erhöhen der Staatsausgaben im Bildungswesen

Frauenrechte

Wie steht es um Frauenrechte in Albanien?

Während unseres Bildungsurlaubs in Albanien haben wir mehrere soziale Projekte und Organisationen besucht, die sich unter anderem für Frauenrechte einsetzen. Du findest hier gesammelt, die Schwierigkeiten und Fortschritte, die Albanien in Bezug auf die Lebenssituation von Frauen beschäftigen:

Die Probleme:

✖️ Eins der größten Probleme ist die häusliche Gewalt: Eine von zwei Frauen ist von häuslicher Gewalt durch ihren Partner betroffen
✖️ Viele Frauen kennen ihre Rechte, die sie seit der Demokratie haben, nicht und wissen nicht, dass sie Männern eigentlich gleichgestellt sind
✖️ Die Anzahl an Femiziden ist hoch
✖️ Weibliche Föten werden vermehrt abgetrieben – meistens illegal, da Schwangerschaftsabbrüche nur bis zur 12. Woche legal sind und das Geschlecht des Fötus bis dahin noch nicht erkennbar ist

Die Erfolge:

✔️ Das Wahlrecht für Frauen existiert seit 1920
✔️ Schwangerschaftsabbrüche wurden 1995 vollständig legalisiert
✔️ Seit 2006 gibt es ein Gesetz, das Frauen besser vor häuslicher Gewalt schützen soll, wodurch sich mehr (aber immer noch wenige) Frauen trauen, ihren gewalttätigen Partner anzuzeigen
✔️ Mit dem neuen Kabinett unter Ministerpräsident Edi Rama gilt Albanien weltweit als das Land mit den meisten Frauen in der Regierung: 12 von 17 Minister*innen und Staatssekretär*innen sind Frauen
✔️ Es gibt viele verschiedene Organisationen, die sich gegen häusliche und sexualisierte Gewalt einsetzen und versuchen, den Frauen zu helfen

Erinnerst du dich an den Begriff der Schwurjungfrau? Frauen, die die Rolle des Familienoberhaupts übernehmen, wenn dieses stirbt und es keine männlichen Nachfolger gibt. Die Frau bekommt dann alle Rechte eines Mannes und führt quasi das Leben eines Mannes – dafür muss sie jedoch schwören, niemals eine sexuelle Beziehung einzugehen.

Queere Rechte

Homosexualität ist in Albanien seit 1995 legal – öffentlich viel thematisiert und gesellschaftlich akzeptiert wird sie bis heute allerdings kaum.

Queere Menschen dürfen in Albanien weder heiraten und Kinder adoptieren noch in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Die meisten queeren Menschen verheimlichen für ihre eigene Sicherheit ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität – denn auch Gewalt gegenüber LGBTQ-Personen findet relativ häufig statt.

In der Öffentlichkeit und auch in den Medien wird Homosexualität bisher kaum thematisiert. 2009 gab es einen Gesetzesentwurf zur gleichgeschlechtlichen Ehe, welcher jedoch aufgrund des großen Widerstands in der Gesellschaft – insbesondere von religiösen Vetreter*innen – nicht umgesetzt wurde. Eine NGO, die sich für queere Menschen einsetzt, hat das Parlament zudem dazu aufgefordert, sich bei allen Personen offiziell zu entschuldigen, die während des kommunistischen Regimes in Strafverfahren wegen ihrer sexuellen Orientierung verurteilt worden. Bisher ohne Erfolg. 2013 erklärte eine Studie Albanien als das queerfeindlichste Land Europas.

Aber: In den letzten Jahren ist eine positive Entwicklung zu beobachten! In Albanien entstehen immer mehr Projekte, die sich für die queere Community einsetzen, diese unterstützen und gemeinsam mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz schaffen. Seit 2014 gibt es jedes Jahr eine kleine Pride in Tirana und es findet der Wettbewerb „Miss Trans Albania“ statt, der mehr Sichtbarkeit für die trans* Community schaffen soll. Seit 2014 gibt es zudem die erste Notunterkunft, die queeren Menschen, die aus ihrem Zuhause geschmissen wurden, Zuflucht bietet. Und ein weiterer Erfolg: Seit 2020 sind Konversionstherapien an Minderjährigen verboten.

Familie und Traditionen

Wie wichtig sind Familie und Traditionen für Albaner*innen?

Vor 1990 hatte Albanien die höchste Geburtenrate Europas, was unter anderem daran lag, das Verhütungsmittel im Land verboten waren. Heute liegt die Geburtenrate bei 1,6 Kindern pro Frau und befindet sich damit auf europäischen Durchschnitt. Da weniger Kinder geboren werden und viele junge Erwachsene zum Studieren oder Arbeiten ins Ausland gehen, wird das Durchschnittsalter in der Bevölkerung immer höher. Aktuell liegt es noch bei 36,4 Jahren. In der eher älteren Gesellschaft sind so manche Themen noch nicht angekommen, dafür finden sich dort größtenteils noch sehr traditionelle Rollenbilder wieder.

In vielen Familien ist der Mann das Familienoberhaupt und die Frau kümmert sich um den Haushalt und die Kinder, es herrschen also noch sehr traditionelle Geschlechterrollen vor, gerade in den ländlichen Gebieten. In Albanien lebt knapp die Hälfte der Bevölkerung auf dem Land. Die Frauen sind meist sehr abhängig von ihren Männern, sowohl finanziell als auch vom gesellschaftlichen Ansehen.

In Albanien sind heidnische Bräuche weit verbreitet und viele Menschen, ob besonders religiös oder nicht, legen großen Wert auf Traditionen. So sind als Bestandteil der gemeinsamen albanischen Kultur Aberglaube und verschiedene Mythen und Glaubensvorstellungen weit verbreitet. Wie ihr bereits in unserem Beitrag letzte Woche erfahren habt, gibt es im Norden des Landes teilweise noch den Kanun, ein Gewohnheitsrecht, nachdem man schwere Straftaten an einer Familie rächt – und zwar in dem alle männlichen, erwachsenen Personen der Familie des Täters ermordet werden. Das geht oft auch über Jahrzehnte, sodass Söhne in permanenter Lebensgefahr schweben und getötet werden (könnten), sobald sie volljährig sind.

Wirtschaft

Wie steht es um Albaniens Wirtschaft?

Albanien befindet sich immer noch in einem Transformationsprozess. Damals war das Land eine sozialistische Planwirtschaft, in der es keinerlei Privatwirtschaft gab. Erst seit ca. 1990 entwickelt sich Albanien in eine moderne offene Marktwirtschaft.

Als traditionelles Agrarland ist die Landwirtschaft in Albanien einer der wichtigsten Sektoren, in dem rund 40 % der Bevölkerung tätig sind. Ca. 7000 km² und damit ein Viertel der Gesamtfläche sind landwirtschaftlich nutzbar, der Großteil der Menschen betreibt jedoch Subsistenzwirtschaft.

👍🏻 Welche Fortschritte wurden gemacht?

In den letzten Jahren hat es bereits einige wirtschaftliche Veränderungen in Albanien gegeben. Viele staatliche Unternehmen wurden privatisiert, es kam zu einer Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen und auch die Inflation konnte stabil gehalten werden. Der Tourismus-Sektor und die Infrastruktur wurden langsam ausgebaut. Die Gehälter stiegen, während die Arbeitslosenquote sank und dadurch stieg auch das Bruttoinlandsprodukt an.

👎🏼 Welche Schwierigkeiten gibt es noch?

In Albanien gibt es immer noch eine vergleichsweise hohe Arbeitslosenquote und einen sehr niedrigen Durchschnittslohn. Das Land zählt auch heute noch zu einem der ärmsten Staaten Europas. Ein besonders gravierendes strukturelles Problem ist zudem die schwache Infrastruktur im Land, besonders in den ländlichen Gebieten. Auch die Wasser- und Stromversorgung ist hier oft noch mangelhaft.

❓️ Wo steckt noch großes Potenzial?

Der Tourismus-Sektor wird in Albanien immer weiter ausgebaut und das Land lockt von Jahr zu Jahr mehr Tourist*innen an – die Corona-Pandemie traf den Tourismus in Albanien allerdings hart. Viele der Tourist*innen sind im Ausland lebende Albaner*innen und Bewohner*innen des Balkans. Vor dem Ukraine-Krieg kamen auch viele Tourist*innen aus der Ukraine oder Russland nach Albanien. Zudem gibt es viel medizinischen Tourismus aus Italien. Bisher hat Albanien schon viel in die Errichtung und den Ausbau von Unterkünften und Gastronomie investiert, wichtig wäre nun auch die (kommunale) Infrastruktur und das Verkehrsnetz weiterauszubauen.

Umweltschutz

Aufgrund der jahrelangen Isolation sind viele Teile des Landes unberührt. So gibt es einige naturbelassene Flüsse wie die Vjosa. Albanien ist mit anderen Ländern auf Platz eins im internationalen Vergleich bezüglich des Anteils erneuerbarer Energien. 100 Prozent des Stroms wird aus Wasserkraft bezogen. Wegen des steigenden Strombedarfs gibt es zunehmend Diskussionen, ebenfalls einen Staudamm und Wasserkraftwerk in die Vjosa zu bauen. Das positive an der Stromgewinnung: Der CO2-Ausstoß pro Kopf ist einer der geringsten weltweit. Das negative ist jedoch, dass aufgrund der Fokussierung rein auf Wasserkraft in Jahren mit wenig Niederschlag Strom aus dem Ausland zugekauft werden muss – wie in diesem Jahr.

Wusstest du, dass Albanien nur erneuerbare Energien zur Stromgewinnung nutzt?

Albanien verfügt über eine reiche Artenvielfalt, 14 Nationalparks und die Meeresschutzzone Karaburun-Sazan. Über 3221 Arten sind in der albanischen Flora zu finden, wovon 40 ausschließlich in Albanien vorkommen. Die Nationalparks bieten Rückzugsort für viele Pflanzen und Tiere, da sie teilweise noch unberührt sind. Ungefähr zehn Prozent der Landesfläche ist unter Schutz gestellt, auch wenn es teils Probleme gibt, den Schutz praktisch und effektiv umzusetzen. Die Umweltprobleme, vor denen Albanien steht, sind u.a. Überweidung, illegale Rodungen sowie Wilderei beim Fischfang und Jagd.

In den unberührten Teilen des Landes finden sich viele Tierarten. Albanien hat mehr als 350 Vogelarten, von denen einige bereits in anderen Regionen ausgestorben sind. Zudem leben in den abgeschlagenen Bergregionen Wölfe und die stark gefährdeten Balkanluchse und Füchse. In den albanischen Gewässern gibt es ca. 260 Süß- und Salzwasserfischarten und wenige Schildkrötenarten. Das sind aber nur einige Beispiele der Artenvielfalt.

Archäologische Parks

Während unseres Bildungsurlaubs in Albanien haben wir zwei interessante Führungen durch zwei archäologische Parks vor Ort bekommen: Wir waren in Apolonia, dem sogenannten „Pompeji von Albanien“ und in Butrint, das sogar UNESCO-Weltkulturerbe ist. Die Stätten sind Zeugnis der hellenischen, byzantinischen, venezianischen und osmanischen Kulturen und Zivilisationen.

Apolonia wurde ca. 588 Jahre vor Christus gegründet, und zwar von dorischen Siedlern aus Korfu und Korinth. Seit 229 v. Chr. stand die bis dahin griechische Stadt unter römischen Schutz und wurde in den Kriegen gegen Makedonien die wichtigste Basis der Römer auf der Balkanhalbinsel. Durch Julius Cäsar erhielt Apolonia den Status einer freien Stadt und musste z.B. keine Steuern mehr nach Rom zahlen. Durch ein Erdbeben im 4. Jahrhundert änderte sich ein Flusslauf und der Hafen verlandete. Das Handelszentrum verfiel und der Ort wurde verlassen. Erst spät, im 13. Jahrhundert, wurde Apolonia wieder besiedelt und in den Ruinen der Stadt entstanden ein Kloster und eine byzantinische Kirche.

Der andere archäologische Park in der Stadt Butrint bietet ebenfalls eine spannende Reise durch die Geschichtsepochen. Im 4. Jahrhundert vor Christus wurde aus der Stadt ein Kulturzentrum mit dem Heiligtum des Gottes der Medizin Asklepios. Ab 228. nach Christus stand Butrint ebenfalls unter römischer Herrschaft und es wurden viele Tempel, Thermen, Gebäude und Theater gebaut und dem römischen Stil angepasst. Ab dem 5. Jahrhundert wurde Butrint von einem Bischofssitz mit frühchristlicher Kunst und Architektur zu einem Fischerdorf, dann wurde eine Burg gebaut, um vor französischen Angriffen aus Korfu sicher zu sein und letztendlich ging Butrint bis zur Unabhängigkeit in den Besitz der Osmanen über.

Butrint ist seit 1992 Weltkulturerbe und Lebensraum für über 1200 verschiedene Pflanzen- und Tierarten. 2005 hat in der Burg ein Museum eröffnet, in dem es eine Ausstellung zur chronologischen Geschichte der Stadt gibt.

Bunker

Was hat es mit den vielen Bunkern in Albanien auf sich?

Wie du auf den Fotos siehst, gibt es in Albanien viele runde Bunker, die das Landschaftsbild prägen. Diese wurden fast alle zwischen 1972 und 1984 im damals sozialistischen Albanien gebaut – und zwar insgesamt ca. 200.000 Stück! Es gibt sogar Unterwasserbunker!

Die Bunker sollten der Verteidigung des Landes dienen, falls ausländische Truppen Albanien angreifen würden. Der Bau der vielen Bunker war teuer – und der Stahlbeton hätte gut für andere Projekte, beispielsweise den Häuserbau oder die Infrastruktur, genutzt werden können.

Wir haben während unseres Bildungsurlaubs mehrere Bunker besucht, unter anderem Bunkart 1: In diesem Bunker befindet sich eine Ausstellung zur kommunistischen Diktatur, in der die damalige Zeit auch künstlerisch aufgearbeitet wird. Gebaut wurde der Bunker für die politische Elite. Er verfügt über 106 Zimmer und hatte sogar ein eigenes Kino, in das ca. 150 Menschen gepasst hätten. Benutzt wurde er allerdings nie.

Und heute?

Heute sind immer noch viele der runden, an Pilze erinnernden Bunker sichtbar. Nur wenige wurden entfernt (da auch das sehr kostspielig ist), manche verschwinden hinter neuen Gebäuden oder unter Pflanzen. Doch die meisten rotten einfach vor sich hin und verfallen oder werden mit Abfällen gefüllt. Teilweise nutzen wohnungslose Menschen die Bunker auch als Wohnstätte oder Bauern bringen dort ihre Hühner oder Materialien unter.

▶️ Hast du kreative Ideen, was man aus den Bunkern machen könnte?
Es gab in Albanien bereits verschiedene Kunstprojekte, die Bunker angestrichen haben. Und Menschen, die größere Bunker zu Lokalen oder eben Ausstellungen ausgebaut haben. In der Stadt Gjirokastra wird ein Bunker sogar als Kapelle genutzt!

Tipps für deine Reise nach Albanien

Was gefällt dir besonders an Albanien? Warum möchtest du unbedingt einmal dahin? Oder falls du schon da warst: Was war das Highlight deiner Albanienreise?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert